Lars’ Coming-out liegt zum Zeitpunkt des Interviews erst vier Monate zurück und trotzdem hat er heute eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. Bevor er sich zum Coming-out am Arbeitsplatz durchringen konnte, machte er sich allerdings sehr viele Gedanken.
Lars ist 24, männlich und als Student auf einen Nebenjob angewiesen. Entsprechend nervös ist er, als er sich schlussendlich entscheidet, seiner Chefin einen Brief zu schreiben. Bei Freund_innen und Familie ist er zu diesem Zeitpunkt schon out. Am Tag nachdem die Chefin den Brief erhalten hat, kommt sie auf Lars zu: «Hast du schnell Zeit?» Was dann folgt, ist ein Gespräch geprägt von Professionalität und Verständnis: Die Chefin hat sich noch am selben Abend, an dem sie Lars’ Brief erhielt, auf den von ihm angegeben Webseiten von TGNS schlau gemacht und weiss deshalb schon sehr gut Bescheid. «Ich finde das sehr mutig von dir» sagt sie. Sie lädt Lars ein, einfach zu sagen, wenn sie etwas falsch macht, aber Lars ist beeindruckt, wie vorbereitet und ruhig sie ist. In der darauf folgenden Zeit darf Lars den Prozess grösstenteils selbst steuern, aber die Chefin ist an seiner Seite. Die Angestellten werden von ihr informiert während Lars in den Ferien ist. Sämtliche Aufklärungsarbeit übernimmt die Chefin, bei Schwierigkeiten ist sie Ansprechperson. Sie bittet ihn, sie umgehend zu informieren, sollte es zu Mobbing kommen.
Lars muss dieses Angebot nie wahrnehmen: «Die Umstellung auf den neuen Namen ging total schnell. Teilweise rutschen noch alte Pronomen heraus», aber das findet er nicht schlimm und ausserdem korrigieren die Kolleg_innen sich bereits gegenseitig. Sein schönstes Erlebnis hat er drei Wochen nach dem Coming-out: Das Reinigungspersonal bestellt ihn in die gemeinsame Pause und übergibt ihm ein Päckchen. Darin: Ein Hemd aus der Männerabteilung. Ein Geschenk von ihnen allen. «Ich war total sprachlos.»
Auch in den folgenden Wochen erlebt Lars weitere stärkende Momente. Er wird behandelt wie zuvor, auch die Nähe zwischen ihm und den Mitarbeiter_innen bleibt gleich vertraut. Eine Angestellte aus der Reinigung meint dazu: «Mein Deutsch ist nicht gut, aber ich weiss, was zählt ist das Herz und nicht das Geschlecht.»
Betrieblich muss nichts für Lars angepasst werden: Die Toiletten sind geschlechtsneutral und dass auf seinem Lohnausweis vorerst noch der alte Name steht, stört ihn nicht, obwohl die Chefin mehrmals anbietet, einen Kleber über dem Namen anzubringen.
Heute geht Lars sehr viel motivierter arbeiten. Mit anderen in Kontakt zu treten ist nicht mehr anstrengend. «Ich muss keine Rolle mehr aufrecht erhalten sondern kann einfach ich sein.» So rät er auch anderen trans Menschen, nicht zu viel Angst zu haben. «Nutzt die Hilfsmittel von TGNS und trans welcome!» meint er zum Schluss.